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Bereisung des Ems-Jade-Kanalsvon Christine Giel Von Weener nach Emden Am 22. März 2005 legen wir bei strahlendem Sonnenschein, Wind und Eiseskälte in Weener ab. Heiner öffnet die Schleuse und dann tuckern wir auf der Ems mit ablaufendem Wasser in Richtung Emden. In Höhe des Ems-Sperrwerks stelle ich fest, dass das Kühlwasser 100 Grad beträgt. Wasser spritzt stetig in die Bilge und es qualmt ein wenig. Wolfgang saust in den Maschinenraum und stellt wieder auf Außenkühlung um. Der interne Kühlkreislauf hat bewirkt, dass die Heizkörper im Schiff wundervoll wärmen, aber der Motor wird offensichtlich kaum gekühlt. Das Problem müssen wir unbedingt noch fachmännisch lösen. Vor der Seeschleuse müssen wir uns geraume Zeit gedulden, dann können wir einfahren. Gemütlich geht es zur Eisenbahnbrücke, die erst um 15.30 Uhr öffnet. Hier hängen wir eine halbe Stunde bei Wind an einem morschen Dalben, bis es so weit ist, dass wir durchfahren können. Um 15.45 Uhr haben wir einen prächtigen Liegeplatz am Delft – mitten im Herzen der Stadt Emden. Kesselschleuse und Kukelorum Der Mittwochmorgen begrüßt uns mit Sonne. Windig ist es immer noch, aber die Eiseskälte der letzten Tage ist verschwunden. Rundherum beginnt es allmählich zu grünen und zu blühen. Wir verlassen Emden. Für 10 Uhr haben wir uns angemeldet zum Hub der Falderntorbrücke, die uns in den Ems-Jade-Kanal führt. Pünktlich werden wir hindurch gewinkt. Zwei weitere Brücken werden gehoben bzw. gedreht. Das Warten im Wind ist unangenehm. Aber schon sind wir in der Kesselschleuse, die uns in West-Ost-Richtung von Emden nach Wilhelmshaven führt. In der Schleuse kann man auch in Nord-Süd-Richtung weiter fahren. Dies ist die Verbindung vom Ems-Jade-Kanal zum Fehntjer-Tief und dem Gewässer-System der Emder Stadtgräben. Die unter Denkmalschutz stehende Kesselschleuse ist ein einmaliges Bauwerk, das im 19. Jahrhundert errichtet wurde. Sie liegt unweit der östlichen Wallanlagen der Stadt Emden im Stadtteil Wolthusen. Als wir in der Schleuse festmachen, steht dort der Brückenwärter der Falderntorbrücke, überreicht uns Informationen über den Ems-Jade-Kanal, Tidenzeiten für Ems und Weser, die Historie der Kesselschleuse und wünscht uns eine gute Reise. Nun wird es abenteuerlich. Der Ems-Jade-Kanal schlängelt sich mäanderförmig durch die Landschaft. Wolfgang ist mächtig am Drehen. Kurz vor Westerende machen wir Halt bei der Werft Voss. Freundlicherweise wird die Brücke „Bangstede“ noch betätigt, obwohl es bereits 12.10 Uhr ist,so dass wir unser geplantes Gespräch mit der Werft führen können.Traurigerweise ist allen Mitarbeitern zum April 2005 gekündigt worden. Nur wenn es noch weitere Aufträge geben sollte, dann wird die Werft weiter existieren können. Wir lassen uns für das Dach des Steuerstuhls einen Kostenvoranschlag machen. Um 13.45 Uhr lässt Wolfgang wieder die Maschine an. Nun soll es bis zur Schleuse Kukelorum/Rahe kurz vor Aurich gehen. Denn hierhin hat Christian uns Post gesandt, die hoffentlich in der Gaststätte eingegangen ist. Mittlerweile hat es sich aufgeklart. Der Himmel ist blau und die Sonne lacht. Neben uns im Schilf brütet ein Gänsepaar, Fasane spazieren auf dem Deich,Wasservögel aller Art tummeln sich am und im Wasser. Ein Biber kreuzt unser Fahrwasser. Ein 6,20 m breiter Kiesfrachter begegnet uns. Dies ist das einzige gewerbliche Schiff, dass regelmäßig zwischen Emden und Aurich noch verkehrt. Vor uns wird durch die Schleuse „Rahe“ in zwei Etappen zunächst der Ponton mit Kran, danach das Arbeitsschiff des WSA „Triton“ hindurchgeschleust. Im Oberwasser der Schleuse kommen wir dann zum Liegen. Hier ist es paradiesisch. An dem alten Bauwerk der Schleuse „Kukelorum“ liegt das ehemalige Schleusenhaus, das heute ein Wohnhaus mit Gaststätte ist. Eine Brücke mit Holzbohlen führt über den Kanal.Wenn ein Gefährt hinüberrollt, brummeln die Bohlen. Nur wenige Häuser säumen hier den Kanal. Auf dem schmalen Weg tummeln sich Spaziergänger und Radfahrer, die freundlich zu uns herüber winken. Das historisch bedeutsame Bauwerk der Schleuse „Rahe“ soll demnächst erneuert und auf EU-Maß gebracht werden, wogegen sich eine Initiative wehrt, denn das wird einschneidende Veränderungen mit sich bringen und das Gesicht der Schleuse völlig verändern. Ostern in Aurich Am darauf folgenden Tag liegt der Kanal wie ein silbernes Band vor uns. Lediglich drei Kilometer entfernt befindet sich der Bauhof des WSA Aurich, unweit des Zentrums. Zwei Brücken werden für uns gehoben, dann haben wir unser Ziel erreicht. Von den Mitarbeitern des Bauhofs gibt es Strom. Wir rufen den Leiter des NKWKN, Andreas Müller an, melden unsere Ankunft und verabreden für nächste Woche die Weiterfahrt in Richtung Wilhelmshaven. Die Sonne kommt heraus. Schon hat Wolfgang den Farbeimerin der Hand und pinselt am Schiff. Ein alter Schiffmann kommt mit seinem Fahrrad und hält ein Schwätzchen. Ein Lehrerehepaar hält mit dem Auto an. Sie haben den Konvoi des DTMV vor zwei Jahren auf dem Dortmund-Ems-Kanal fotografiert und bringen uns diese Fotos vorbei. Am Samstagabend radeln wir mit dem Fahrrad nach Walle, wo sich Hunderte von Menschen tummeln und ein großes Osterfeuer abgebrannt wird. Zum Glück regnet es nicht. Einen ausführlichen Fahrradausflug unternehmen wir am nächsten Tag zum Moormuseum in Moordorf. Mehrfach spazieren wir durch Aurich und erfreuen uns an den wunderschönen alten Gebäuden und der gemütlichen Atmosphäre. Zechpreller im Moormuseum Einen Tag früher als geplant, startet Wolfgang am Dienstagmorgen den Motor. Es ist sonnig, aber sehr windig und bitter kalt. Mühsam dreht Wolfgang die Nase der „Christine“ in den Wind. Alles klappt bestens und pünktlich um 10 Uhr können wir das erste Hindernis – eine Hubbrücke – passieren. Jetzt haben wir unzählige Brücken zu durchfahren, wobei die niedrigste Steinbrücke nur ca. 3,80 m Durchfahrtshöhe hat. Zum Glück hat Wolfgang den Mast nicht nur gelegt, sondern auch noch abgehängt, sodass wir mit 5 cm Luft unter der Brücke durchkommen. Heute begleitet ein Mitarbeiter des NLWKN unsere Fahrt per Moped, denn eventuell muss für uns Wasser aus dem Kanal abgelassen werden. Er ist sichtlich froh,dass dies nicht der Fall ist. Freundlich macht er uns darauf aufmerksam, dass wir den Strom beim WSA „gezechprellt“ haben. Wolfgang beruhigt ihn, dass wir den Zählerstand aufgeschrieben haben und nächste Woche Montag wieder zurück sind, um nochmals dort zu liegen. Damit ist alles klar. Für 17 km Fahrt auf dem Ems-Jade-Kanal benötigen wir mehr als drei Stunden. Der Kanal geht stellenweise nur 1,70 m tief und ist sehr schmal. Die Tour durch das Hochmoor ist wunderschön. Hier wirkt die Natur trotz des Eingriffs in Form von Torfabbau sehr urwüchsig und unberührt. Zwischen Aurich und der Scheitelhaltung ging es wie in einem Graben durch die Landschaft, während danach der Blick über die Landschaft geht. Das torfige Wasser ist rotbraun, kleine Wellen bauen sich durch den Wind auf. In Marcardsmoor angekommen, legen wir uns an den Steiger des WSV und nehmen unsere Fahrräder von Bord. In Wiesmoor besuchen wir das Torfmuseum, das in seiner „guten Stube“ das Kaminfeuer brennen hat und außerordentlich liebevoll geführt ist. Zum Abschluss unseres Rundgangs genießen wir hier noch Ostfriesentee mit Kluntjes und gebutterten Rosinenstuten. Schwebebrücke vor Wilhelmshaven Der sternenklare Himmel hat es schon angekündigt. Es ist bitter kalt. 1 Grad zeigt das Thermometer an. Brrrrrr. Wie gut, dass wir unser Öfchen im Achterschiff füttern können. 6 Stunden benötigen wir heute, um 30 Kilometer mit 3 Schleusen und 13 Hub- bzw. Drehbrücken zu passieren. Bei Sande wird ein Düker gelegt und die provisorische Brücke über den Kanal, der den Arbeitsponton mit dem anderen Ufer verbindet, wird mit einem Kran für uns gehoben und am Ufer in der Luft gehalten. Auf der gesamten Strecke werden wir begleitet wegen der Brückenhebungen und Schleusen. Nach der Schleuse „Mariensiel“ in Wilhelmshaven nehmen wir telefonisch Kontakt mit der Rüstringer Brücke auf. Man gestattet uns, beim Schlachthof, gegenüber von „Jade-Stahl“ zu liegen. Strom gibt es dort nicht, aber wir sind autark. Bis zur Innenstadt sind es mit dem Fahrrad höchstens 5 Minuten. So besuchen wir erst mal den netten Herrn Kettler in seinem Brückenwärterhaus auf der Deichbrücke und stellen uns vor. Und siehe da – er genehmigt uns das Liegen bis Montag. Zum Dank überreichen wir ihm den „Klönschnack“ und laden ihn zu einem Besuch bei uns an Bord ein. Danach schauen wir uns in der modernen Innenstadt von Wilhelmshaven um. Sogar ein sehr nettes Internet-Café finden wir am Börsenplatz und so können wir unsere E-Mails abrufen. Ausflug in die Umgebung Aufgrund der günstigen Höhe des Kais fahren wir am Samstag das Auto von Bord und erkunden so die nähere Umgebung, besuchen Sande, Dangast, Varel, Wittmund und Jever. Ein Seehotel in Dangast feiert heute sein dreißigjähriges Bestehen und so essen wir dort leckere Krabbenbrötchen. Im Hafen von Varel nehmen wir geräucherten Fisch mit, den wir heute Abend genießen werden. Sonntags treideln wir die „Christine“ ein paar Meter am Kai nach vorne, damit Wolfgang nachher den Smart wieder an Deck fahren kann. Dann wird noch gestrichen, es werden Fenster geputzt und Batterien geladen. Das Wetter ist herrlich. Abends haben wir 18 Grad. Und so gönnen wir uns einen Rosé auf unserem Bänkchen an Deck. Bei untergehender Sonne fahren wir nochmals an den Deich und lassen Rocco dort frei laufen. Vor Freude wälzt er sich auf der Wiese und springt wie ein kleines Böckchen. Wilhelmshaven bis Aurich Am Montag um 6 Uhr klingelt der Wecker. Wir tuckern um 7.30 Uhr los und gehen dann zusammen mit der Wasserschutz Wilhelmshaven durch die Rüstringer Brücke. Mühsam geht es voran, bis alle Drehbrücken, Hubbrücken, Eisenbahnbrücken für uns geöffnet sind. Bereits um 8.30 Uhr sind wir „ausgebremst“. Wir liegen vor der Eisenbahnbrücke Sande und werden vermutlich erst in einer Stunde durchgelassen. So kochen wir Kaffee und plaudern ein wenig mit der Besatzung des WSP-Bootes. Als die Eisenbahnbrücke dann endlich um 9.45 h öffnet, bleiben wir am Steg hängen, haben Grundberührung. Teuflisches Gefühl. Hoffentlich hat die Schraube nichts abgekriegt! Wir kommen weiterhin gut durch alle Brücken – nur vor der allerletzten Hubbrücke – wo wir den Liegeplatz schon riechen können, lässt uns die Stadt Aurich im wahrsten Sinne – hängen. Der städtische Bedienstete kommt erst nach zweimaligem Telefonat. Anscheinend hat man vergessen, dass wir durch wollten. Um 16.30 Uhr machen wir an unserem alten Liegeplatz beim WSA fest und Rocco freut sich, dass er Landgang hat. Hund über Bord Dienstags geht unsere Fahrt in Richtung Emden weiter. Wir bezahlen unseren Strom beim NLWKN und bedanken uns für die freundliche Unterstützung. Um 9 Uhr können wir die Hubbrücke „Aurich“ nehmen. Kurz danach begegnet uns der Kiesfrachter „Nankea“. Dieser ist 6,20 m breit und tief abgeladen, sodass wir ziemlich weit in das Gestrüpp am Ufer hineinfahren müssen. Ich hänge Reibhölzer raus. Auch bei der „Nankea“ werden Reibhölzer ausgebracht und so schieben wir uns ganz langsam aneinander vorbei und halten einen kleinen Schwatz. Die Nähe zum Ufer nutzt offensichtlich unser Jack Russel Rocco zum Sprung. Jedenfalls können wir ihn auf dem Schiff nirgends entdecken. Wir sind kurz vor der Schleuse „Rahe“. Ich binde die Fahrräder los und Wolfgang telefoniert mit dem Brückenwärter der letzten Hubbrücke. Und siehe da, er meldet uns, dass auf dem Radweg ein kleiner, weißer, nasser Hund sitzt. Wolfgang bittet ihn, Rocco einzufangen. Wir fahren in die Schleuse ein und machen fest. Da kommt auch schon der Brückenwärter mit seinem Moped angefahren. Er hat den nassen Hund vor sich im Anorak stecken. Reumütig und kleinlaut, mit eingezogenem Schwanz, kommt Rocco angekrochen. Als wir ihn liebevoll aufnehmen und erst mal trocken reiben, ist er am Zittern und sein Herzchen klopft wie verrückt. Nun zuckeln wir mit 5 km Geschwindigkeit unserem Ziel Emden entgegen. Um 12 Uhr erreichen wir die Kesselschleuse und machen dort für zwei Stunden fest. Von 12 bis 14 Uhr ist hier Mittagsruhe und so bereite ich Pellkartoffeln mit Matjes zu. Um 14 Uhr geht es weiter. Gleich kommt im Roten Siel das Nadelöhr in der Kurve. Zunächst wird eine Brücke gedreht und danach wieder arretiert. Nun geht der Brückenbedienstete zu Fuß zur nächsten Brücke, die er zur Abwechslung heben muss. Wir hängen im Wind und halten mühsam Kurs. Nun haben wir nur noch ein Hindernis: den Hub der Falderntorbrücke, die uns vom Delft trennt, wo wir die Nacht verbringen werden. Paradies Ems-Jade-Kanal 72 Kilometer Strecke verbinden Emden mit Wilhelmshaven. 6 Schleusen, 27 Hub- und Drehbrücken sind dabei zu bewältigen. Hinter Aurich (in Richtung Wilhelmshaven) befindet sich die niedrigste feste Brücke mit einer Durchfahrtshöhe von ca. 3,80 m. Der Bauamtsrat des NLWKN, den wir zuvor in Aurich aufgesucht hatten, versicherte uns, dass er alles in seiner Macht stehende tun würde, um uns das Befahren des Ems-Jade-Kanals zu ermöglichen. Wenn es nötig sei, würde man Wasser ablassen und bei zu wenig Wasser einen Traktor besorgen, der uns vom Ufer aus über Untiefen zöge. An kritischen Stellen begleitete uns ein Bediensteter des NLWKN von Land, um zusehen, ob wir unter den niedrigen Brücken hindurch kämen. Mit der Brückenhöhe hatten wir keine Schwierigkeiten, aber ungefähr bei km 57 hatten wir kein Wasser unter dem Kiel (wir gehen 1,50 m tief). Auch bei der Eisenbahnbrücke Sande/Drehbrücke Mariensiel war kaum Wasser. Auf der Rückfahrt fassten wir bei km 64 etwas mit der Schraube, als wir am Steiger vor der Eisenbahnbrücke ablegten. Der Ems-Jade Kanal ließ sich wunderbar befahren. An größeren Fahrzeugen begegneten uns lediglich zwischen Emden und Aurich der Kiesfrachter „Nankea“ sowie die Arbeitsschiffe des NLWKN. Die Bedienung der Brücken und Schleusen lief hervorragend. Ein Manko waren die nicht vorhandenen Festmacher zwischen den eng hintereinander liegenden Brücken, die gehoben werden mussten und bei denen man die Wartezeit dem Wind ausgesetzt war, ohne eine Chance, sich irgendwo anzubinden und es gibt auf der Strecke keine Kilometerangaben, die eine genaue Ortsbestimmung zulassen. Man kann sich lediglich an Brückennamen orientieren. Die Strecke durch das Hochmoor war sehr interessant. Zum Teil fuhr mandurch einen grünen Tunnel, dann hatte man wieder einen weiten Blick über die Landschaft. Besonders die Vorsaison fanden wir herrlich, woder Frühling gerade Einzug hielt, die Knospen explodierten, die Vögel balzten und überall das frische Grün spross und wir fast alleine auf dem Kanal unterwegs waren. |
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